Zinserlass wegen Corona-Maßnahmen
Sind Nachzahlungszinsen auf Steuernachzahlungen zu erlassen, für die nach einem BMF-Schreiben zu den Auswirkungen des Corona-Virus ein Anspruch auf zinsfreie Stundung bestanden hat?
Das Finanzamt setzte gegenüber dem Sportverein S e. V. im Mai 2020 die Körperschaftsteuer für 2018 fest. Da sich aus dem Bescheid eine Nachzahlung ergab, setzte es zugleich Nachzahlungszinsen für den Monat April 2020 fest. Der S e. V. beantragte die zinsfreie Stundung aller Zahlungsansprüche aus dem Körperschaftsteuerbescheid für 2018 und berief sich dabei auf das BMF-Schreiben vom 19.3.2020 über „Steuerliche Maßnahmen zur Berücksichtigung der Auswirkungen des Corona-Virus“, weil der Geschäftsbetrieb des S e. V. durch die Corona-Maßnahmen des Landes erheblich eingeschränkt worden sei. Dem folgte das Finanzamt und gewährte die zinslose Stundung der offenen Körperschaftsteuernachzahlung. Zugleich beantragte der S e. V. den Erlass der Nachzahlungszinsen wegen sachlicher Unbilligkeit. Denn die Zinsen wären nicht entstanden, wenn das Finanzamt den Körperschaftsteuerbescheid für 2018 vor dem 1.4.2020 erlassen hätte. Den Erlass der Zinsen lehnte das Finanzamt indes ab, weil der S e. V. deren Entstehung durch Beantragung höherer Körperschaftsteuervorauszahlungen hätte vermeiden können. Die Zinsen seien zudem nicht unmittelbar durch die Corona-Pandemie verursacht worden. Der S e. V. war dagegen der Ansicht, der beantragte Erlass der Nachzahlungszinsen sei zu gewähren. Das dem Finanzamt eingeräumte Ermessen sei insoweit auf Null reduziert. Die Erhebung der Nachzahlungszinsen sei sachlich unbillig, weil der S e. V. durch die verspätete Steuerfestsetzung zweifelsfrei keinen Liquiditätsvorteil erlangt und das Finanzamt keinen Liquiditätsnachteil erlitten habe. Abstrakt sei die im Mai 2020 erfolgte Steuerfestsetzung zwar geeignet, einen abzuschöpfenden Liquiditätsvorteil auszulösen. Da der S e. V. jedoch nach dem BMF-Schreiben vom 19.3.2020 unstreitig einen Anspruch auf zinsfreie Stundung der Körperschaftsteuernachzahlung habe, sei nicht erkennbar, inwieweit er durch die verzögerte Steuerfestsetzung einen zusätzlichen Liquiditätsvorteil erlangt haben könnte. Nachzahlungszinsen seien daher zu erlassen, soweit sie auf Steuernachzahlungen entfielen, für die nach dem BMF-Schreiben vom 19.3.2020 zu den Auswirkungen des Corona-Virus ein Anspruch auf zinsfreie Stundung bestanden habe. Der S e. V. bekam beim Finanzgericht Münster Recht.