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Rettungssanitäter und Notfallsanitäter

Rettungssanitäter und Notfallsanitäter

Sind die Ausbildung eines noch nicht 25 Jahre alten Kindes nach Real- und Höherer Handelsschule zum Rettungssanitäter und die angestrebte Ausbildung zum Notfallsanitäter eine Einheit?

Der im Jahr 2002 geborene Sohn S erwarb nach dem Besuch der Realschule den mittleren Schulabschluss (Fachoberschulreife) und nach dem anschließenden Besuch der Höheren Handelsschule die Fachhochschulreife. Nach dem Abschluss der Schulausbildung absolvierte er von August 2020 bis Juli 2021 den Bundesfreiwilligendienst. Nachdem seine Mutter M eine Bescheinigung der Agentur für Arbeit vom 30.6.2021, nach der S dort seit dem 3.5.2021 bis auf weiteres als ausbildungssuchend geführt wird, vorgelegt hatte, setzte die Familienkasse Kindergeld ab August 2021 fest. Vom 18.10.2021 bis 21.1.2022 absolvierte S eine Ausbildung zum Rettungssanitäter bei der S-Stadt. Nach dem Ausbildungsvertrag vom 14.9.2021 gliederte sich die Ausbildung in einen Einführungslehrgang, ein Praktikum im Krankenhaus, ein Praktikum in der Rettungswache und eine Prüfungswoche am Studieninstitut. Während der Ausbildung stand S ein Taschengeld in Höhe von monatlich 250 EUR zu. Im Januar 2022 bestand S die Prüfung für Rettungssanitäter vor dem staatlichen Prüfungsausschuss an der Rettungsdienstschule am Studieninstitut. Ab 22.1.2022 nahm S bei der S-Stadt eine unbefristete Vollzeitbeschäftigung als Rettungssanitäter nach der Entgeltgruppe 4 TVöD-V mit einem monatlichen Bruttolohn von 2.413 EUR auf. Bereits ab Dezember 2021 bewarb sich S bei mehreren Ausbildungsbetrieben im gesamten Bundesgebiet für eine Ausbildung zum Notfallsanitäter. Die Bewerbungen blieben indes ohne Erfolg. Die Familienkasse hob die Kindergeldfestsetzung für S ab Februar 2022 auf. M war der Ansicht, dass es sich bei der Ausbildung zum Rettungssanitäter nicht um einen anerkannten Ausbildungsberuf, sondern lediglich um eine Qualifizierung/Weiterbildung im Rahmen eines dreimonatigen Lehrgangs handele. S strebe eine Ausbildung zum Notfallsanitäter an. Ab 22.1.2022 gehe er einer Erwerbstätigkeit mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden nach. Die Ausbildung eines noch nicht 25 Jahre alten Kindes, das zuvor die Realschule und Höhere Handelsschule besucht habe, zum Rettungssanitäter und die angestrebte Ausbildung zum Notfallsanitäter bildeten eine Einheit, wenn sich das Kind bereits während der Ausbildung zum Rettungssanitäter und im unmittelbaren Anschluss an diese Ausbildung ernsthaft um die weitergehende Ausbildung zum Notfallsanitäter bemüht habe. Dem stehe es nicht entgegen, wenn das Kind vor der Aufnahme der Ausbildung zum Notfallsanitäter einer Vollzeittätigkeit in seinem Ausbildungsberuf als Rettungssanitäter nachgegangen sei, solange plausibel sei, dass das Kind seine Erwerbstätigkeit mit dem Beginn des weitergehenden Ausbildungsabschnitts wieder beenden werde. M bekam beim Finanzgericht Münster Recht.

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Off-Sprecher bei Fernsehproduktionen

Off-Sprecher bei Fernsehproduktionen

Ist die Mitwirkung eines ausgebildeten Journalisten als Off-Sprecher bei Fernsehsendungen und -dokumentationen in ihrer Gesamtheit als künstlerische und damit freiberufliche Tätigkeit anzusehen?

Journalist J erzielt Einkünfte aus der Tätigkeit als Sprecher von Fernsehproduktionen, als Synchronsprecher, als Sprecher von Werbe- und Ansagetexten sowie aus Coachingtätigkeiten. Den Großteil seiner Tätigkeit bildet die Tätigkeit als Off-Sprecher bei Fernsehproduktionen. Das Finanzamt war der Ansicht, dass die von J erzielten Einkünfte aus seiner Sprechertätigkeit gewerbliche Einkünfte seien. Die Sprechertätigkeit des J sei weit überwiegend nicht künstlerisch, sondern gewerblich. Insbesondere werde J nicht schauspielerisch tätig, da insoweit keine Rolle mit Sprachgefühl und Einfühlungsvermögen gestaltet werde. J spiele keine Rollen, sondern mache Ansagen bzw. gebe vorgefertigte Texte wieder. Ein Spielraum, eine eigene schöpferische Leistung von künstlerischem Rang zu entfalten, bestehe – anders als bei der Synchronsprechertätigkeit – aufgrund des vorgegebenen Formats nicht oder nur in geringem Maß. Bei der „Stimme aus dem Hintergrund“ (Off-Stimme) entfalte die schauspielerische Verkörperung keine größere Rolle, die in Art und Umfang mit einer typischen schauspielerischen oder sonstigen künstlerischen Tätigkeit vergleichbar sei. J meinte dagegen, dass die Mitwirkung eines ausgebildeten Journalisten als Off-Sprecher bei Fernsehsendungen und -dokumentationen einschließlich der damit verbundenen Textbearbeitung sowie in geringem Umfang das Sprechen kürzerer Werbetexte und das Coaching in Form der Vermittlung von Rede- und Sprechtechniken in ihrer Gesamtheit als künstlerische und damit freiberufliche Tätigkeit anzusehen seien. Der künstlerische Charakter einer Sprechrolle sei nicht schon deshalb zu verneinen, weil die Sendungen, an denen J mitwirke, möglicherweise nicht dem künstlerischen Bereich zuzuordnen seien; denn es sei nicht in erster Linie die Einordnung der Sendung, sondern die Beurteilung der Tätigkeit von J maßgeblich. Dabei könne die Darbietung des Textes in der Endfassung die künstlerische Tätigkeit des J ausmachen, wenn es sich nicht um das bloße Ablesen oder den reinen Vortrag eines Textes, sondern um eine auf die Bildfolge sowie die dokumentierten Geschehnisse bzw. die schauspielerischen Leistungen abgestimmte textliche Begleitung des jeweiligen TV-Formats handele. Es gehe über die reine Sprechertätigkeit hinaus und eröffne eine eigenschöpferische Gestaltungsfreiheit, wenn J insoweit ein Freiraum eingeräumt sei, als es ihm obliege, abhängig vom jeweiligen Sendeformat die Stimm- und Tonlage variabel einzusetzen, die Sprechgeschwindigkeit und weitere für die Stimme maßgebliche Faktoren den individuellen Gegebenheiten anzupassen und den Text passend zu den Bildern der Sendung dramaturgisch anzupassen. J bekam beim Finanzgericht Köln Recht.

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Sofort- oder Zuflussbesteuerung

Sofort- oder Zuflussbesteuerung

Besteht das Wahlrecht zwischen Sofort- und Zuflussbesteuerung auch bei der Veräußerung von Wirtschaftsgütern gegen wiederkehrende Bezüge im Rahmen einer Betriebsaufgabe?

Die Steuerpflichtige S führte einen handwerklichen Betrieb. Ihren Gewinn ermittelte sie durch Betriebsvermögensvergleich. Die Betriebsstätte befand sich in einem Anbau zu ihrem Einfamilienhaus. Krankheitsbedingt stellte S ihren Betrieb Ende des Jahres 2013 ein und bezog aufgrund ihrer Berufsunfähigkeit Renten von privaten Versicherungsunternehmen. Einen Großteil der Wirtschaftsgüter ihres Geschäftsbetriebs veräußerte S an die G-GmbH gegen die Zahlung einer lebenslangen monatlichen Rente in Höhe von 3.000 EUR ab Januar 2014. Von der Veräußerung ausgenommen waren der bis dahin zum Betriebsvermögen gehörende Grundstücksteil mit aufstehenden Gebäuden und fest installierten Betriebsvorrichtungen sowie weitere nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehörende Wirtschaftsgüter (Pkw, Kundenforderungen, Kassenbestand, Bankguthaben, Verpflichtungen aus Rückstellungen, Bank- und andere Verbindlichkeiten). Als Übertragungsstichtag wurde der 2.1.2014 vereinbart. An diesem Tag übergab S die entsprechenden Wirtschaftsgüter ihres Gewerbebetriebs an die G-GmbH und überführte die übrigen Wirtschaftsgüter in ihr Privatvermögen. Der gemeine Wert der in ihr Privatvermögen überführten Wirtschaftsgüter betrug 85.134,44 EUR. Auf diese entfielen Restbuchwerte in Höhe von 67.453,84 EUR. In ihrer Einkommensteuererklärung für 2013 war S der Ansicht, dass lediglich in Höhe der Differenz zwischen dem gemeinen Wert der ins Privatvermögen überführten Wirtschaftsgüter und deren Restbuchwerten, also in Höhe von 17.680 EUR, eine Sofortbesteuerung zu erfolgen habe. Ein Steuerpflichtiger, der im Rahmen einer Betriebsaufgabe betriebliche Wirtschaftsgüter gegen wiederkehrende Bezüge veräußere, könne – wie bei der Betriebsveräußerung gegen wiederkehrende Bezüge – zwischen der Sofortbesteuerung und der Zuflussbesteuerung des entsprechenden Gewinns wählen. Das Finanzamt meinte dagegen, S habe auch die stillen Reserven der von ihr gegen Leibrente an die G-GmbH veräußerten Wirtschaftsgüter schon im Jahr 2013 zu versteuern. Ein Wahlrecht zur Zuflussbesteuerung bestehe nicht. Dieses sei nämlich nur für den Fall einer Betriebsveräußerung zugelassen. Bei S sei jedoch von einer Betriebsaufgabe auszugehen. S bekam beim Bundesfinanzhof Recht.

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Bonuspunkte aus Kundenkartenprogramm

Bonuspunkte aus Kundenkartenprogramm

Muss in der Bilanz eines Handelsunternehmens eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten wegen Verpflichtungen aus einem Kundenkartenprogramm gebildet werden?

Die G-GmbH & Co. KG betreibt ein Handelsunternehmen. In ihrer Bilanz zum 31.12.2010 passivierte sie eine Rückstellung in Höhe von 1.607.122 EUR für Bonuspunkte, die sie Inhabern der C-Card gewährt hatte. Die G-GmbH & Co. KG, ihre Tochterunternehmen und die P-Partnerunternehmen gaben gemeinsam die C-Card heraus. Die Inhaber der C-Card erhielten beim Einkauf in den teilnehmenden S-Stores bzw. beim Einkauf im O-Onlineshop Bonuspunkte auf den jeweiligen Wert ihres Einkaufs in Höhe von 3 %. Ein Cent entsprach einem Punkt. Die Bonuspunkte wurden auf das Bonuspunktekonto des Karteninhabers übertragen und fortlaufend aufaddiert. Die auf dem Bonuspunktekonto gutgeschriebenen Punkte konnten ab einem Punktestand von 250 Punkten (entspricht 2,50 EUR) im O-Onlineshop eingelöst werden. Die Bonuspunkte verfielen wieder, wenn sie älter als 36 Monate waren. Eine Barauszahlung der Bonuspunkte war in den Teilnahmebedingungen nicht vereinbart und erfolgte auch nicht. Das Finanzamt war der Ansicht, dass die Einlösungsverpflichtung aus dem Bonuspunktesystem bei der G-GmbH & Co. KG zum Bilanzstichtag weder eine zu passivierende Verbindlichkeit begründe noch eine ungewisse Verbindlichkeit, die in Form einer Rückstellung gewinnmindernd Berücksichtigung finden könne. Die G-GmbH & Co. KG meinte dagegen, sie habe in der Bilanz zum 31.12.2010 eine Rückstellung für die Einlösungsverpflichtung von gewährten Bonuspunkten als Zahlungsmittel gegenüber den am Bonussystem teilnehmenden Kunden in Höhe von 1.607.122 EUR einzustellen. Der Bildung einer solchen Rückstellung stehe das Passivierungsverbot nicht entgegen. Verpflichte sich ein Handelsunternehmen gegenüber den an seinem Kundenkartenprogramm teilnehmenden Kunden, diesen im Rahmen eines Warenkaufs in Abhängigkeit von der Höhe des Warenkaufpreises Bonuspunkte zu gewähren, die der Karteninhaber innerhalb des Gültigkeitszeitraums bei einem weiteren Warenkauf als Zahlungsmittel einsetzen könne, so sei für die am Bilanzstichtag noch nicht eingelösten Bonuspunkte eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden, wenn wahrscheinlich sei, dass die Verbindlichkeit entstehe und dass das Unternehmen in Anspruch genommen werde. Die G-GmbH & Co. KG bekam beim Bundesfinanzhof Recht.

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Häusliches Arbeitszimmer wegen Krankheit

Häusliches Arbeitszimmer wegen Krankheit

Sind die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer wegen gesundheitsbedingten Einschränkungen des Arbeitnehmers ausnahmsweise steuerlich zu berücksichtigen?

Die Steuerpflichtige S machte in ihrer Einkommensteuererklärung geltend, dass ihr der betriebliche Arbeitsplatz nicht an allen Tagen „zur Verfügung gestanden habe“, weil sie aufgrund ihrer gesundheitlichen Einschränkungen zumindest an einem Arbeitstag in der Woche aus dem Homeoffice tätig werden könne. Anderenfalls verschlimmere sich ihr Gesundheitszustand. Ein Steuerpflichtiger könne Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer zwar grundsätzlich nicht als Werbungskosten abziehen. Dies gelte nur dann nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit ein anderer Arbeitsplatz nicht zur Verfügung stehe. Es komme dabei aber maßgeblich darauf an, ob es dem Steuerpflichtigen zugemutet könne, den vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Arbeitsplatz arbeitstäglich zu nutzen. Da S aus ärztlicher Sicht gehalten wäre, an einzelnen Tagen von zu Hause aus zu arbeiten, um langfristig ihre Arbeitsfähigkeit zu erhalten, könne ihr der Werbungskostenabzug nicht versagt werden. Dieser sei allerdings auf 1.250 EUR begrenzt, weil das häusliche Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung der S gebildet habe. Eine Arbeitnehmerin, die aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen den von ihrem Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Arbeitsplatz nicht an allen Werktagen nutzen könne, sondern stattdessen zur Aufrechterhaltung ihrer Gesundheit gehalten sei, ihrer Berufstätigkeit in ihrem häuslichen Arbeitszimmer nachzugehen, könne die Aufwendungen hierfür als Werbungskosten in Höhe von höchstens 1.250 EUR im Jahr steuerlich geltend machen. Das Finanzamt war dagegen der Ansicht, dass der betriebliche Arbeitsplatz der S objektiv zur Verfügung gestanden habe und sie diesen allein aus subjektiven Gründen nicht arbeitstäglich nutze. S bekam beim Finanzgericht Berlin-Brandenburg Recht.

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