Off-Sprecher bei Fernsehproduktionen
Ist die Mitwirkung eines ausgebildeten Journalisten als Off-Sprecher bei Fernsehsendungen und -dokumentationen in ihrer Gesamtheit als künstlerische und damit freiberufliche Tätigkeit anzusehen?
Journalist J erzielt Einkünfte aus der Tätigkeit als Sprecher von Fernsehproduktionen, als Synchronsprecher, als Sprecher von Werbe- und Ansagetexten sowie aus Coachingtätigkeiten. Den Großteil seiner Tätigkeit bildet die Tätigkeit als Off-Sprecher bei Fernsehproduktionen. Das Finanzamt war der Ansicht, dass die von J erzielten Einkünfte aus seiner Sprechertätigkeit gewerbliche Einkünfte seien. Die Sprechertätigkeit des J sei weit überwiegend nicht künstlerisch, sondern gewerblich. Insbesondere werde J nicht schauspielerisch tätig, da insoweit keine Rolle mit Sprachgefühl und Einfühlungsvermögen gestaltet werde. J spiele keine Rollen, sondern mache Ansagen bzw. gebe vorgefertigte Texte wieder. Ein Spielraum, eine eigene schöpferische Leistung von künstlerischem Rang zu entfalten, bestehe – anders als bei der Synchronsprechertätigkeit – aufgrund des vorgegebenen Formats nicht oder nur in geringem Maß. Bei der „Stimme aus dem Hintergrund“ (Off-Stimme) entfalte die schauspielerische Verkörperung keine größere Rolle, die in Art und Umfang mit einer typischen schauspielerischen oder sonstigen künstlerischen Tätigkeit vergleichbar sei. J meinte dagegen, dass die Mitwirkung eines ausgebildeten Journalisten als Off-Sprecher bei Fernsehsendungen und -dokumentationen einschließlich der damit verbundenen Textbearbeitung sowie in geringem Umfang das Sprechen kürzerer Werbetexte und das Coaching in Form der Vermittlung von Rede- und Sprechtechniken in ihrer Gesamtheit als künstlerische und damit freiberufliche Tätigkeit anzusehen seien. Der künstlerische Charakter einer Sprechrolle sei nicht schon deshalb zu verneinen, weil die Sendungen, an denen J mitwirke, möglicherweise nicht dem künstlerischen Bereich zuzuordnen seien; denn es sei nicht in erster Linie die Einordnung der Sendung, sondern die Beurteilung der Tätigkeit von J maßgeblich. Dabei könne die Darbietung des Textes in der Endfassung die künstlerische Tätigkeit des J ausmachen, wenn es sich nicht um das bloße Ablesen oder den reinen Vortrag eines Textes, sondern um eine auf die Bildfolge sowie die dokumentierten Geschehnisse bzw. die schauspielerischen Leistungen abgestimmte textliche Begleitung des jeweiligen TV-Formats handele. Es gehe über die reine Sprechertätigkeit hinaus und eröffne eine eigenschöpferische Gestaltungsfreiheit, wenn J insoweit ein Freiraum eingeräumt sei, als es ihm obliege, abhängig vom jeweiligen Sendeformat die Stimm- und Tonlage variabel einzusetzen, die Sprechgeschwindigkeit und weitere für die Stimme maßgebliche Faktoren den individuellen Gegebenheiten anzupassen und den Text passend zu den Bildern der Sendung dramaturgisch anzupassen. J bekam beim Finanzgericht Köln Recht.